tonhof_homeros

mittwoch, 18.september 2013, 19.30h
Lyrik von Erich Fried und H.C.Artmann
Dietmar Pickl – Lesung | Stefan Gfrerrer – Kontrabass

Was verbindet Erich Fried mit H.C. Artmann? Außer, dass beide im Jahr 1921 in Wien geboren wurden und (auch) Lyrik geschrieben haben? Und jeweils dreimal verheiratet waren ? Wohl nicht viel. Zu unterschiedlich sind ihre Biografien. Fried, aus einer jüdischen Familie stammend, emigriert 1938 nach London, hält sich mit verschiedenen Gelegenheitsjobs über Wasser, gründet die Selbsthilfegruppe Emigrantenjugend, erhält 1949 die britische Staatsbürgerschaft, die er bis zu seinem Tode im Jahr 1988 behält, obwohl er 1982 wieder die österreichische erwirbt. Erst 1962 kommt er wieder nach Wien.1963 wird Fried Mitglied der Gruppe 47 und engagiert sich mit seiner Lyrik für die großen politischen Themen der Zeit (Vietnam, Ostverträge, 68-er Bewegung). Ende der 70-er Jahre gelingt Fried mit der Veröffentlichung von Liebesgedichten ein unglaublicher Erfolg, der ihm schlag-artig einen größeren Bekanntheitsgrad beschert. Gedichte wie „Was es ist“ stehen heute in fast jedem Schulbuch. Erich Fried stirbt 1988 in Baden-Baden und wird auf einem Londoner Friedhof beigesetzt. Hans Carl Artmann entstammt einer Schuhmacherfamilie, schreibt mit 14 seine ersten Detektiv- geschichten, ist 5 Jahre Soldat und wird Mitglied der „Wiener Gruppe“ mit Friedrich Achleitner, Konrad Bayer, Gerhard Rühm und Oswald Wiener, die er jedoch nach einigen Jahren wieder verlässt. Einer breiten Öffentlichkeit bekannt wird Artmann 1958 mit seinem im Wiener Dialekt geschriebenen Lyrik- band „med ana schwoazzn dintn“. Artmann ist eine Sprachbesessener, ein Sprachexperimen-tator, spricht eine ganze Reihe von Sprachen (Dänisch, Englisch, Französisch , Gälisch, Jiddisch, Schwedisch, Spanisch sind verbürgt, sowie Piktisch und Dacisch, das er selbst erfindet), übersetzt, schreibt Romane, Erzählungen, Lyrik im Stil des Barock, spielt oft in surrealer Verrückung mit Sprache in Form von Kindergedichten, Litaneien, Balladen. Was die beiden Dichter noch verbindet ist die Tatsache, dass deren Bedeutung zwar unzweifelhaft feststeht, dass in den Literaturprogrammen der Gegenwart deren Lyrik jedoch keinen großen Stellenwert einnimmt. Das gilt besonders für den „politischen“ Fried, der im ersten Teil des Abends auf dem Programm steht. HomEros derTitel der Veranstaltung wurde mit einer leichten Veränderung dem Friedgedicht Homeros Eros entnommen und soll auf den sinnlichen Inhalt einiger Gedichte von H.C. Artmann verweisen, wenn auch manchmal in schrecklichen Variationen. Stimme-Kontrabass ist ein reizvolles Gespann, das in einen Dialog tritt: Wenn der Text entweder konterkariert, kommentiert wird oder wenn Stimme und Instrument Atmosphäre erzeugen.

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